Plastik vs. Umwelt: Weniger Emotionen bitte!

Zurzeit stehen sich zwei Seiten zum Thema Kunststoffe unversöhnlich gegenüber. Da sind auf der einen Seite diejenigen, die Plastik per se verteufeln. Und auf der anderen Seite stehen die Befürworter von Kunststoffen. Was, wenn keiner der beiden Seiten mit seiner Meinung recht hätte und beide Seiten das Experiment Menschheit durch ihre Plastik-vs.-Umwelt-Glaubensbekenntnisse massiv gefährden?

Auf den ersten Blick haben beide Seiten recht. Die einen, weil Plastik von der Produktion über die Nutzung bis zur Entsorgung die menschliche Gesundheit und Umwelt bedroht. Mikroplastik und anderer Plastikmüll und die bei der Herstellung dieser Produkte verwendeten giftigen Chemikalien finden sich in unserer Atemluft, in unserem Trinkwasser und im Boden wieder. Dies schädigt das Immun- und Reproduktionssystem, Leber und Nieren, und es kann sogar Krebs auslösen. Interessant dazu sind die Ergebnisse von Forschern der Vrije Universität in Amsterdam, die im Rahmen einer Studie Mikroplastik in menschlichem Blut nachgewiesen haben.  

Die andere Seite hat auch recht. Kunststoffe besitzen wundervolle Eigenschaften, die den Alltag der Menschen erleichtern und sogar lebensrettend sind. Kunststoffe haben Produkte hervorgebracht, die ganze Industriezweige und somit eine hohe Zahl an Arbeitsplätzen geschaffen haben. 

Emotional geführte Debatte bringt nichts

Dass beide Seiten ihre Standpunkte seit Jahren gnadenlos verteidigen und eine hoch emotionale Diskussion führen, bringt weder dem Projekt Menschheit, noch der Natur etwas!

Was wäre, wenn wir die Perspektive wechseln würden? Was wäre, wenn wir nicht einfach nur nachhaltig, klimaneutral und ökoeffizient denken und handeln würden? Was wäre, wenn es unser oberstes Ziel wäre, Kunststoffe zu entwickeln, die für den Umgang mit Menschen und Natur designed werden? Was wäre, wenn wir Kunststoffe entwickeln, die in definierte Stoffkreisläufe überführt werden können – oder noch besser – die aus CO2 der Atmosphäre hergestellt werden. Was wäre, wenn nicht nur lebensrettende Kunststoff-Produkte für Menschen entstehen, sondern auch Kunststoffe, die als wichtige Nährstoffe für Mikroorganismen in unsere Böden und Meere dienen könnten? 

Welche innovative Kraft könnte sich für unsere Wirtschaft in kürzester Zeit entfalten? Was, wenn beide Seiten aufhören ihre Energie in emotionale Befindlichkeiten zu investieren und in positive Kunststoff-Innovationen die mit der Natur arbeiten stecken würden? Was, wenn dadurch ein klimapositiver Fußabdruck entsteht und kein Mikroplastik entsteht und erst recht kein schädliches CO2 mehr in die Atmosphäre gelangen würde? 

Plastiktüte als Innovationstreiber?

Ein Gedanke dazu:

Was, wenn wir die Plastiktüte plötzlich zu einem der größten Innovationstreiber machen würden, weil sie in Zukunft mit der Natur arbeitet?

Plastiktüten sind etwas Wunderbares. Man kann mit ihnen leicht Einkäufe transportieren, sie sind reißfest und hervorragend geeignet, auch nasse Gegenstände, wie beispielsweise Früchte, sicher zu transportieren. Eine Papiertüte kann das nicht von sich behaupten – und ihre Ökobilanz ist ähnlich katastrophal wie die einer Plastiktüte. Die Druckfarben aus dem Papier-Downcycling landen als giftige Füllstoffe in den Papiertüten und dann in der Umwelt. 

Die Gegner würden nun sagen: Plastiktüten landen auf irgendeine Art und Weise in unserer Umwelt, davon sechs Millionen Tonnen Plastik in die Ozeane. Meerestiere fressen die Plastikabfälle und sterben jämmerlich daran. Zurzeit kommen mehr Schildkröten, Robben und Wale durch Plastik als durch irgendetwas anderes um. 

Plastiktüten vs. Umwelt „nur“ ein Designproblem?

Ist das aber ein Grund, Plastiktüten zu verbieten und durch Papiertüten zu ersetzen? Nein, in keinem Fall. Plastiktüten (und viele andere Kunststoffmaterialien) haben einfach „nur“ ein Designproblem. Und das Plastiktüten-Verbot zeigt am Ende nur, dass Menschen gerne Alibidiskussionen führen, so wie damals unser Umwelt-Jürgen mit seinem Dosenpfand

Das Plastikproblem kann anders gelöst werden. Zum einen könnte sich die gesamte Kunststoffindustrie dazu verpflichten, dass nichts von Ihren Produkten in der Umwelt landet – auch kein Mikroplastik aus Zahnpasta. Eine unterstützende Maßnahme wäre es beispielsweise, auf ALLE Plastikgegenstände ein Pfand zu erheben. Mit einer geeigneten Markierung könnten dann die Kunststoffe getrennt werden und in Produktkreisläufe zurückgehen. 

Dazu müssen alle Kunststoffadditive positiv definiert werden, damit echtes Recycling möglich wird. Dies würde ein Denken in definierten Stoffkreisläufen voraussetzen, statt „Antiplastiktütenverbotsdiskussionen.“ Zum anderen könnte man versuchen, einen Kunststoff zu entwickeln, der den Standards entspricht und gleichzeitig für die Natur geeignet ist, in der wichtige Nährstoffe enthalten sind, die für unsere Umwelt wichtig sind. 

Wir flogen zum Mond — warum haben wir Plastik als Werkstoff noch nicht für unsere Umweltvoran gebracht?

Naiv? Vielleicht! Aber warum soll eine solche Plastiktüte komplizierter sein, als zum Mond zu fliegen?

Was, wenn sich kluge Köpfe schon längst auf den Weg gemacht haben, eben solche innovativen Kunststoffe zu entwickeln. Es schon kleine Unternehmen und Start-ups gibt, die Kunststoffe entwickelt haben, die zusätzlich noch den aktuellen Standards entsprechen? Was, wenn diese Kunststoffe demnächst zertifiziert werden könnten? 

Wollen wir dann noch immer Energie in unsere Glaubensbekenntnisse stecken, uns verlieren in Kompromissen, die am Ende der Natur und unseren Lebensgrundlagen nur schaden? Oder haben wir den Mut und öffnen uns – und machen das Unmögliche möglich! 

Erinnern wir uns an andere Branchen. Was, wenn Steve Jobs oder Bill Gates auf den IBM Vorstand in den 1950er Jahren gehört hätten? Oder Elon Musk sich von den deutschen Automobilmanagern hätte verunsichern lassen? 

Eins ist gewiss: am Ende haben immer die Zweifler verloren. Wollen wir es darauf ankommen lassen, weiter zu zweifeln, zu diskutieren und noch ein bisschen länger zu warten? Oder wollen wir zu den Mutigen dieser Welt gehören, um einen echten, positiven Fußabdruck zu hinterlassen? 

Als Ingenieur:innen Positives zu gestalten, erscheint mir deutlich mehr Freude zu bereiten. Was denken Sie?

Mo Drescher entwickelte die InnovationPositive Methode. Er ist Gründer von MODC und berät zurzeit die Marantec Group als Projektleiter wie die ökologische Nachhaltigkeit sinnvoll in die Unternehmenskultur integriert werden kann.

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